Weihnachtsgeld...

Veröffentlicht in der Tageszeitung "Darmstäder Echo" am 12.11.2005

Alle Jahre wieder?

In vielen Betrieben wird mit der Novemberabrechnung das Weihnachtsgeld ausgezahlt. In Anbebacht der anhaltend schlechten konjunkturellen Lage wird sich auch in diesem Jahr für manchen Arbeitnehmer wieder die Frage stellen, ob das Weihnachtsgeld überhaupt zur Auszahlung kommt.

Da es keinen gesetzlichen Anspruch auf Sonderzahlungen - so der Oberbegriff für Gratifikationen, Jahresabschlussleistungen oder Weihnachtsgeld - gibt, ist bei allen Fragen rund um dieses Thema zunächst einmal zu klären, ob ausdrückliche Regelungen bestehen. Solche können sich unmittelbar aus dem Arbeitsvertrag, einem auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrag oder einer im Betrieb bestehenden Betriebsvereinbarung ergeben. Besteht eine derartige Regelung nicht, kann dennoch ein Rechtsanspruch des Arbeitnehmers aus einer betrieblichen Übung oder aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz bestehen.

Von einer betrieblichen Übung kann dann ausgegangen werden, wenn der Arbeitnehmer aufgrund der in der Vergangenheit geleisteten Weihnachtsgeldzahlungen darauf vertrauen darf, dass auch weiterhin so verfahren wird. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes ist dies dann der Fall, wenn der Arbeitgeber 3 Jahre hintereinander vorbehaltlos Weihnachtsgeld in gleicher Höhe gezahlt hat. Der Arbeitgeber kann dann im Folgejahr nicht einfach die Zahlung verweigern oder kürzen.

Zuletzt kann sich der Anspruch auf Weihnachtsgeld aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz ergeben. Danach darf kein Arbeitnehmer aus willkürlichen oder sachwidrigen Erwägungen heraus anders behandelt werden als seine Kollegen. Hieraus folgt zunächst einmal, dass der Arbeitgeber nicht grundlos einzelne Arbeitnehmer von der Zahlung ausnehmen darf. Allerdings ist der Arbeitgeber durchaus berechtigt, nur bestimmten Gruppen von Arbeitnehmern Weihnachtsgeld bzw. ein höheres Weihnachtsgeld zu zahlen, wenn die Ungleichhandlung sachlich begründet ist. So hat das Bundesarbeitsgericht in einer Entscheidung vom 12.10.2005- 10 AZR 640/04 seine bisherige Rechtsprechung bestätigt und ausgeführt, dass es grundsätzlich nicht zu beanstanden ist, dass ein Arbeitgeber in seinem Betrieb den Angestellten im Vergleich zu den Arbeitern eine höhere Weihnachtsvergütung gewährt, wenn der Arbeitgeber die Angestellten aus sachlichen Gründen stärker an sein Unternehmen binden will. In dem konkret zu entscheidenden Fall hat das Bundesarbeitsgericht dennoch dem klagenden Arbeiter einer Leichtmetallgießerei Recht gegeben. Dieser hatte auf Zahlung einer Weihnachtsgratifikation in Höhe eines Monatsverdienstes geklagt. Der Arbeitgeber hatte den ca. 70 Angestellten eine Weihnachtsgratifikation in Höhe eines vollen Monatsgehaltes gezahlt, wohingegen die Arbeiter lediglich 55 % ihres Monatsverdienstes als Weihnachtsgratifikation erhielten. Begründet hat das BAG seine Entscheidung damit, dass der Arbeitgeber keinen sachlichen Grund für die Differenzierung der Gratifikationshöhe darlegt hatte. Dieser hatte nämlich lediglich pauschal vorgetragen, dass die Arbeiter und Angestellten seines Betriebes ein unterschiedliches Ausbildungs- und Qualifikationsniveau besitzen. Das Bundesarbeitsgericht lies dies nicht als sachliche Begründung ausreichen, bestätigte dabei jedoch seine bisherige Rechtsprechung, wonach es grundsätzlich das Interesse des Arbeitgebers mit der Zahlung je nach Arbeitnehmergruppe eine unterschiedliche hohe Bindungswirkung zu erzielen als sachlichen Grund anerkennt. Dennoch fiel die Entscheidung zu Lasten des Arbeitgebers aus: Er hatte  offenbar in Unkenntnis der Rechtsprechung nicht vorgetragen, dass Angestellte wegen der in seinem Betrieb speziell benötigten Kenntnisse auf dem Arbeitsmarkt im Gegensatz zu Arbeitern nicht oder nur schwer zu finden sind und dieser Umstand sowie eine regelmäßig längere interne Ausbildungszeit sein besonderes Interesse an einer mit der unterschiedlichen hohen Zahlung angestrebten höheren Bindung an das Unternehmen rechtfertige.

 


Nicole Brauer
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Kasinostraße 5, 64293 Darmstadt
Tel. 06151/30 766-0

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