Weihnachtsgeld: Alle Jahre wieder? Die wichtigsten Fragen und Antworten

Veröffentlicht in der Tageszeitung "Darmstäder Echo" am 25.11.2006

Weihnachtsgeld: „Alle Jahre wieder?“
Die wichtigsten Fragen und Antworten

Das Weihnachtsfest naht und damit steht auch in vielen Unternehmen die Auszahlung des sog. Weihnachtsgeldes an die Arbeitnehmer bevor. Da entsprechende Leistungen häufig schon im vorhinein fest eingeplant werden, ist der Schock umso größer, wenn kurz vor dem Auszahlungstermin die Mitteilung des Arbeitgebers erfolgt, dass die Zahlung aus wirtschaftlichen Gründen nicht erfolgen kann. Rechtsfragen rund um die Zahlung des Weihnachtsgeldes bzw. von Sonderzahlungen sind häufig umstritten und es herrscht eine für den Laien unübersichtliche Rechtslage, die Anlass gibt auf die wichtigsten Punkte einzugehen, die zu diesem Thema zu beachten sind:

Was ist eigentlich Weihnachtsgeld?

Das Weihnachtsgeld ist eine Sonderzuwendung, welche der Arbeitgeber anlässlich des bevorstehenden Weihnachtsfestes an seine Arbeitnehmer zahlt. Das Weihnachtsgeld wird regelmäßig als Anerkennung für geleistete Dienste des Arbeitnehmers, seine Betriebstreue und als Motivation für die zukünftige Arbeitsleistung gezahlt. Abzugrenzen ist das Weihnachtsgeld von so genannten arbeitsleistungsbezogenen Sonderzuwendungen wie z.B. dem 13. Monatsgehalt. Dieses wird für die Arbeitsleistungen des Arbeitnehmers im entsprechenden Bezugszeitraum - also dem jeweiligen Kalenderjahr - gezahlt und ist ein echter Gehaltsbestandteil. Der Arbeitnehmer verdient sich jeden Monat einen Teil des 13. Gehaltes, weswegen er auch bei einem unterjährigen Ausscheiden einen Rechtsanspruch auf anteilige Zahlung hat - anders als beim „richtigen“ Weihnachtsgeld.

Wann besteht ein Anspruch auf Weihnachtsgeld?

Da es generell keinen gesetzlichen Anspruch auf Sonderzahlungen – so der Oberbegriff für Gratifikationen, Jahresabschlussleistungen und Weihnachtsgeld – gibt, ist zunächst zu klären, ob eine ausdrückliche Regelung vorliegt, die auf das jeweilige Arbeitsverhältnis Anwendung findet. Eine solche Regelung kann sich unmittelbar aus dem Arbeitsvertrag, aus einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag ergeben. Besteht eine derartige Regelung nicht, kann sich dennoch unter Umständen ein Anspruch z.B. aus einer betrieblichen Übung ableiten lassen. Von einer betrieblichen Übung spricht man dann, wenn der Arbeitgeber drei Jahre hintereinander vorbehaltslos Weihnachtsgeld gezahlt hat. Dann kann der Arbeitgeber im 4. Jahr nicht einfach die Zahlung verweigern. Vielmehr hat er durch seine Leistungen in der Vergangenheit einen Vertrauenstatbestand geschaffen, so dass die Arbeitnehmer auch künftig von dem Erhalt einer Zahlung ausgehen können. Unterbleiben die Zahlungen, können Ansprüche gerichtlich durchgesetzt werden.

Das Entstehen einer betrieblichen Übung kann der Arbeitgeber jedoch vermeiden, indem er die Arbeitnehmer vor jeder Weihnachtsgeldzahlung schriftlich darauf hinweist, dass die Zahlung freiwillig erfolgt und auch für die Zukunft keinen Rechtsanspruch begründet. Besteht bereits eine betriebliche Übung kann sich der Arbeitgeber hiervon einseitig nicht mehr ohne weiteres lösen. Die Vergütung ist nun Teil der vom Arbeitgeber geschuldeten arbeitsvertraglichen Leistung und kann wie der Arbeitsvertrag auch nur in beiderseitigem Einvernehmen abgeändert werden. Dafür reicht es nicht aus, dass der Arbeitgeber beispielsweise einen Rundbrief am schwarzen Brett aushängt, in dem er darauf hinweist, dass die Sondervergütung aufgrund der wirtschaftlichen Lage des Betriebes nicht geleistet werden kann. Es bleibt beim Grundsatz „pacta sunt servanda“- Verträge sind einzuhalten. Abweichende Regelungen müssen daher zwischen den Parteien vereinbart werden. Für die Zukunft gilt bezüglich der betrieblichen Übung: Wie sie entsteht, so kann sie auch beseitigt werden. Der Arbeitgeber kann seinerseits zu erkennen geben, dass er das Weihnachtsgeld nur freiwillig und ohne den Willen zur Begründung eines Rechtsanspruches leistet. Widersprechen die Arbeitnehmer einer solchen Handhabung nicht, so entfällt die Annahme einer betrieblichen Übung nach drei Jahren zugunsten des Arbeitgebers. Ungeachtet dessen können sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer aber durchaus auch darauf einigen, dass das Weihnachtsgeld z.B. in Zeiten schlechter Konjunktur zur Sicherung der Arbeitsplätze nicht gezahlt wird. Aus Beweisgründen sollte dies aber schriftlich fixiert werden. Zudem sollte aus Arbeitnehmersicht Wert darauf gelegt werden, dass sich der Verzicht nur auf einen bestimmten Zeitraum beschränkt und damit nicht auch für die nächsten Jahre gilt.

Gleichbehandlungspflicht - Darf bei der Höhe des freiwilligen Weihnachtsgeldes unterschieden werden?

Nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz darf kein Arbeitnehmer aus willkürlichen Erwägungen heraus anders behandelt werden als seine Kollegen. Hieraus folgt zunächst, dass der Arbeitgeber nicht grundlos einzelne Arbeitnehmer von der Weihnachtsgeldzahlung ausnehmen darf. Bei Teilzeitbeschäftigten, worunter auch geringfügig Beschäftigte fallen, darf die Sonderzahlung zwar gekürzt werden, aber nur im Verhältnis der vertraglichen Arbeitszeit des Teilzeitbeschäftigten zu der Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten. Allerdings ist der Arbeitgeber berechtigt, nur bestimmten Gruppen von Arbeitnehmern Weihnachtsgeld bzw. ein höheres Weihnachtsgeld zu zahlen, wenn die Ungleichbehandlung sachlich gerechtfertigt ist. So hat das Bundesarbeitsgericht in einer Entscheidung aus dem Jahr 2005 ausgeführt, dass es nicht zu beanstanden sei, dass ein Arbeitgeber in seinem Betrieb den Angestellten im Vergleich zu den Arbeitern eine höhere Weihnachtsvergütung gewährt, wenn der Arbeitgeber die Angestellten aus sachlichen Gründen stärker an das Unternehmen binden will. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall waren die Angestellten mit den im Betrieb benötigten Kenntnissen und Fähigkeiten auf den Arbeitsmarkt nur schwer zu finden und mussten für ihre Einsetzbarkeit in der Regel eine längere interne Ausbildung durchlaufen.

Weihnachtsgeld bei vorzeitigem Ausscheiden?

Häufig ist die Auszahlung des Weihnachtsgeldes an sog. Stichtagsklauseln gebunden. Hierin wird geregelt, dass nur diejenigen Arbeitnehmer Weihnachtsgeld erhalten, die am Fälligkeitstermin – z.B. am 30. November des betreffenden Jahres - in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis stehen. Solche Regelungen sind nach der Rechtsprechung des Hessischen Landesarbeitsgerichtes zulässig, selbst wenn der Arbeitgeber seinerseits das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt gekündigt hat. Begründet wird dies damit, dass das Weihnachtsgeld nicht nur für die zurückliegende Treue, sondern auch in Erwartung einer zukünftigen Bindung an das Unternehmen gezahlt wird. Deshalb soll es auch nach dem LAG Hessen keine Rolle spielen, von welcher Seite die Kündigung ausgeht. Allerdings ist dem Arbeitnehmer in solchen Fällen anzuraten, die entsprechende Regelung zum Weihnachtsgeld genau zu prüfen. Nicht selten sind die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen unklar formuliert, so dass eine Zahlung auch bei vorzeitigem Ausscheiden durchsetzbar ist.

Ist ein Rückzahlungsvorbehalt zulässig?

Generell gilt: Einmal gezahltes Weihnachtsgeld darf der Arbeitnehmer behalten. In der Praxis wird die Weihnachtsgeldzahlung aber häufig mit Rückzahlungsklauseln verbunden, etwa des Inhalts, dass der Arbeitnehmer das Weihnachtsgeld teilweise oder in voller Höhe zurückzahlen muss, wenn er innerhalb der nächsten Zeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Auch Arbeitsverträge, Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen können solche Klauseln enthalten. Bei arbeitsvertraglichen Rückzahlungsklauseln ist der Arbeitgeber allerdings an Grenzen gebunden, die von der Rechtsprechung wie folgt gezogen werden: Bei einer Weihnachtsgratifikation bis zu 100 € ist eine Rückzahlungsklausel generell unzulässig. Wenn das Weihnachtsgeld 100 € übersteigt, aber weniger als eine Monatsvergütung beträgt, ist eine Bindung bis zum 31.3. des Folgejahres zulässig. Beträgt die Weihnachtsgratifikation mehr als ein Monatsgehalt darf der Arbeitgeber den Arbeitnehmer bis zum 30.6. des Folgejahres binden.

 


Nicole Brauer
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Kasinostraße 5, 64293 Darmstadt
Tel. 06151/30 766-0

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