Keine Kündigung bei Vorbereitung der Selbständigkeit
Veröffentlicht in der Tageszeitung "Darmstäder Echo" am 24.09.2005
Nachvertragliches Wettbewerbsverbot zum Schutz der Arbeitgeberinteressen
Die Entscheidung des Arbeitnehmers eine berufliche Selbständigkeit einzugehen kann aus nachvollziehbaren Gründen zur Verärgerung des bisherigen Arbeitgebers führen, insbesondere dann, wenn der Arbeitnehmer zukünftig als Wettbewerber auftreten wird. Mit dem Ausspruch einer Kündigung darf der Arbeitgeber jedoch diesem Ärger keine Luft machen, solange sich der Arbeitnehmer auf Vorbereitungshandlungen beschränkt. Hierunter fallen etwa die Anmietung von Räumlichkeiten oder das Ausarbeiten von Geschäftskonzepten. Letzteres kann nach einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Köln sogar gemeinsam mit ebenfalls abwanderungswilligen Arbeitskollegen erfolgen, ohne dass eine Vertragsverletzung und damit die Berechtigung des Arbeitgebers zum Ausspruch einer Kündigung angenommen werden kann (LAG Köln, Az. 4 Sa 1311/03). Begründet wird dies mit der grundgesetzlich geschützten Freiheit der Berufswahl. Erst wenn dem Arbeitnehmer der konkrete Versuch zur Abwerbung von Arbeitskollegen nachgewiesen werden kann, ist die Grenze zur kündigungsrelevanten Vertragsverletzung überschritten. Das gleiche gilt, wenn dem Arbeitnehmer bereits in seinem bestehenden Arbeitsverhältnis Konkurrenztätigkeiten, d. h. der aktive Beginn mit einzelnen geschäftlichen Handlungen, vorgeworfen werden können. Dazu zählen beispielsweise Verkaufsgespräche mit Kunden des Arbeitgebers, auch wenn sie nach Feierabend stattfinden.
Zwar ist der Arbeitnehmer auch nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses verpflichtet, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse seines ehemaligen Arbeitgebers zu wahren, andernfalls Unterlassungs- und Schadenersatzansprüche des Arbeitgebers begründet sein können. Allerdings ist dem Arbeitnehmer die Nutzung beruflicher Kenntnisse und Erfahrungswissens in seinem eigenen Unternehmen oder bei einem Wechsel zur Konkurrenz durchaus erlaubt. Die Grenze scheint fließend und ihre Überschreitung für den Arbeitgeber häufig schwer nachzuweisen. Um sich vor entsprechenden Gefahren zu schützen kann sich im Einzelfall der Abschluss eines sogenannten nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes für den Arbeitgeber empfehlen. Die Wirksamkeit entsprechender Vertragsregelungen sind aber an mannigfaltige Voraussetzungen gebunden und setzen u.a. ein berechtigtes geschäftliches Interesse des Arbeitgebers voraus, etwa der Einbruch in den Kundenstamm. Dagegen sind nachvertragliche Wettbewerbsverbote nicht wirksam, wenn mit ihnen lediglich das Ziel verfolgt wird, jede Stärkung der Konkurrenz durch den Arbeitsplatzwechsel zu verhindern. Sie sind außerdem für den Arbeitgeber teuer, weil sie nur wirksam sind, wenn sie eine angemessene Entschädigung des Arbeitnehmers vorsehen. Diese sogenannte Karenzentschädigung beträgt mindestens 50 % der zuletzt bezogenen Vergütung und ist während der gesamten Laufzeit des Verbotes zu bezahlen.
Nicole Brauer
Fachanwältin für Arbeitsrecht
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