Kein Kündigungsschutz für Low-Performer

Veröffentlicht in der Tageszeitung "Darmstäder Echo" am 11.06.2005

Bundesarbeitsgericht stellt erstmals Grundsätze auf

Hinter dem Begriff des „Low-Performer“ verbirgt sich ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsmenge quantitativ nicht ausreichend ist bzw. dessen Arbeitsergebnisse in qualitativer Hinsicht zu wünschen übrig lassen. Selbst die arbeitnehmerfreundliche Rechtsprechung zum Kündigungsschutzgesetz erkennt an, dass ein Arbeitsverhältnis gekündigt werden kann, wenn das Austauschverhältnis dauerhaft gestört ist. Mit anderen Worten: Der Arbeitgeber mehr bezahlt, als die Arbeitsleitung, die er im Gegenzug erhält, für ihn wert ist. Praktisch häufig in diesem Zusammenhang ist der Fall des Außendienstmitarbeiters, der keine oder nur unzureichende Vertragsabschlüsse erzielt. Bei nicht zufriedenstellender Arbeitsleistung des Arbeitnehmers besteht aber für den Arbeitgeber zunächst das Problem, dass der Arbeitnehmer grundsätzlich keinen bestimmten Erfolg schuldet, sondern nur die Arbeitsleistung an sich. Solange der Arbeitnehmer tatsächlich arbeitet, scheidet eine verhaltensbedingte Kündigung wegen Arbeitsverweigerung regelmäßig aus. Wie soll vor diesem Hintergrund jedoch ermittelt werden, ob ein so starkes Ungleichgewicht des Verhältnisses zwischen Vergütung und erbrachter Arbeitsleistung besteht, dass eine leistungsbedingte Kündigung gerechtfertigt ist?

Erstmals mit der Entscheidung vom 11.12.2003 – 2 AZR 667/02 hat sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) genauer mit dieser Frage befasst und einige praktikable Grundsätze entwickelt. Das BAG hat hierbei als Maßstab zur Bestimmung der geschuldeten Arbeitsleistung zunächst den folgenden Satz formuliert: „Der Arbeitnehmer muss tun, was er soll, und zwar so gut, wie er kann“. Bleibt der Arbeitnehmer allerdings im Vergleich zu den Leistungen seiner vergleichbaren Kollegen um deutlich mehr als 30 % hinter der Durchschnittsleistung zurück, kann der Arbeitgeber zunächst davon ausgehen, dass die schlechten Arbeitsergebnisse auf fahrlässiges Verhalten des Arbeitsnehmers zurückzuführen sind. Der Arbeitsnehmer muss dann seinerseits im Rahmen eines Prozesses darlegen und ggfs. beweisen, warum er trotz seiner objektiv erkennbaren Leistungsschwäche seine persönliche Leistungsfähigkeit ausschöpft. Als mögliche Rechtfertigungsgründe können z.B. problematische Arbeitsumstände oder eine schwierige Struktur des Vertriebsgebietes eines Außendienstmitarbeiters in Betracht kommen. Kann der Arbeitnehmer hingegen derartige Gründe zur Rechtfertigung nicht anführen, geht das BAG davon aus, dass der Arbeitnehmer seine Leistungsfähigkeit nicht ausschöpft.

Für den Arbeitgeber ist es in derartigen Fällen ratsam, im Rahmen des Direktionsrechts konkrete Arbeitsvorgaben zu machen, die Arbeitsergebnisse möglichst genau zu dokumentieren und bei weiterem Abweichen zwischen „Normal- und Istleistung“ eine entsprechende Abmahnung auszusprechen. Je nach Schwere der Schlechtleistung wird zumindest eine erfolglose Abmahnung erforderlich sein, bevor eine verhaltensbedingte Kündigung in Betracht zu ziehen ist.

 


Nicole Brauer
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Kasinostraße 5, 64293 Darmstadt
Tel. 06151/30 766-0

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