1. Teil: Kündigung des Arbeitsverhältnisses- was tun?

Veröffentlicht in: FRIZZ- Das Magazin für Darmstadt 1/2011

  1. Teil: Kündigung des Arbeitsverhältnisses- was tun?
    Überblick über die wichtigsten Fragen und Fristen

Erhält ein Arbeitnehmer eine Kündigung seines Arbeitsverhältnisses stellt sich nach dem ersten Schock meistens die Frage, was zu tun ist. Soll die Kündigung und die damit verbundene Beendigung des Arbeitsverhältnisses widerspruchslos hingenommen werden? Müssen Fristen beachtet werden? Besteht ein Anspruch auf Abfindung? Der nachfolgende Beitrag soll einen Überblick über die ersten Schritte geben, die es bei einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu beachten gilt.

 
Erfolgsaussichten einer Klage?

Während der Arbeitnehmer seinerseits grundsätzlich jederzeit ohne besondere Begründung sein Arbeitsverhältnis unter Beachtung der einschlägigen Kündigungsfrist kündigen kann, ist das Kündigungsrecht des Arbeitgebers bei der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) gesetzlich beschränkt. Sobald das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet, gelten für die Wirksamkeit einer Kündigung hohe Voraussetzungen, die für den Arbeitgeber in der Praxis häufig mit einem erheblichen Prozessrisiko im Fall eines Kündigungsschutzprozesses einhergehen. Klagt der gekündigte Arbeitnehmer vor dem Arbeitsgericht, muss der Arbeitgeber seine Kündigung ausführlich begründen. Hierzu gehört unter anderem die Darlegung der sozialen Rechtfertigung wie die Arbeitsrechtler mit Blick auf § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG formulieren. Außerhalb des Anwendungsbereiches des Kündigungsschutzgesetzes kann der Arbeitgeber – mit wenigen Einschränkungen - grundsätzlich ohne besonderen Kündigungsgrund kündigen. Die Erfolgsaussichten einer Klage hängen daher im Regelfall maßgeblich davon ab, ob das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet.

 
Wann findet das Kündigungsschutzgesetz Anwendung?

Die Kündigung unterliegt den Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes, wenn das Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als 6 Monate bestanden hat und in dem Betrieb mehr als 5 Arbeitnehmer bzw. wenn das Arbeitsverhältnis erst nach dem 31.12.2003 begonnen hat mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt sind.

 
Welche Fristen sind einzuhalten?

Um sich rechtliche Möglichkeiten nicht von vornherein zu verbauen, ist die Beachtung der in § 4 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) bestimmten Klagefrist wichtig. Danach muss spätestens drei Wochen nach Zugang der Kündigung Klage beim Arbeitsgericht erhoben werden. Wird diese Frist nicht eingehalten, ist eine spätere rechtliche Überprüfung der Kündigung grundsätzlich aussichtslos, da nach dem Fristablauf eine sog. Fiktionswirkung eintritt und die Kündigung als rechtswirksam gilt. Die Klageerhebung kann durch einen vom Arbeitnehmer beauftragten Rechtsanwalt oder den Arbeitnehmer selbst über die Rechtsantragsstellen der Arbeitsgerichte erfolgen, wobei Letztere jedoch nur bei der Formulierung behilflich sind und keine Rechtsberatung durchführen dürfen. Entscheidet sich der Arbeitnehmer für den Gang zum Anwalt, sollte dies so schnell wie möglich erfolgen. Denn so manche Kündigung wurde schon wegen gewisser Formfehler „gekippt“, die jedoch schon vor Ablauf der o.g. 3-Wochenfrist unmittelbar gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht werden müssen.

 
Rechtzeitige Meldung bei der Arbeitsagentur beachten!

Seit dem 1. Januar 2006 sind Arbeitnehmer generell verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden. Ist allerdings der Zeitraum zwischen dem Zugang der Kündigung und der tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses kürzer als drei Monate, hat die Meldung bei der Agentur für Arbeit innerhalb von drei Tagen zu erfolgen.

 
Gibt es einen generellen Abfindungsanspruch?

Zwar werden in der Praxis nicht selten Abfindungszahlungen vom Arbeitgeber als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes geleistet, entgegen einer weit verbreiteten Vorstellung ist der Arbeitgeber aber grundsätzlich hierzu nicht verpflichtet. Der Hintergrund hierfür liegt darin, dass das deutsche Arbeitsrecht darauf ausgelegt ist, bei einer rechtswidrigen Kündigung den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zu sichern. Bis auf die gesetzlich besonders geregelten Ausnahmefälle können die Arbeitsgerichte daher keine Abfindungen festsetzen, sondern kennen nur eine „Schwarz-Weiß-Betrachtung“: Ist die Kündigung rechtswidrig, so wird das Arbeitsverhältnis fortgesetzt, andernfalls erfolgt die Entscheidung des Gerichtes, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung sein Ende gefunden hat. Werden trotzdem am Ende vieler Arbeitsgerichtsprozesse Abfindungen gezahlt, so beruht dies allein auf der freien Verhandlung zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer bzw. ihrer Anwälte. Hierbei haben sich sog. Faustformeln eingebürgert, wonach entsprechend dem Alter des Arbeitnehmers zwischen 0,5 und 1,0 Gehälter pro Jahr der Betriebszugehörigkeit in Ansatz gebracht werden. Für die endgültige Abfindungshöhe sind aber regelmäßig der zu erwartende Prozessausgang, die damit verbundenen Risiken und das Verhandlungsgeschick der Parteien bzw. ihrer Anwälte maßgeblich.

 Fortsetzung folgt (Februarausgabe: Die betriebsbedingte Kündigung)

 


Nicole Brauer
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Kasinostraße 5, 64293 Darmstadt
Tel. 06151/30 766-0

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