Fristlose Kündigung wegen privater Nutzung des Internets
Veröffentlicht in der Tageszeitung "Darmstäder Echo" am 16.07.2005
Selbstverständliches muss nicht verboten werden!
Auch ohne ausdrückliches Verbot des Arbeitgebers bezüglich der Privatnutzung des Internets riskieren Arbeitnehmer bei Missbrauch dieses Mediums eine fristlose Kündigung, so das Bundesarbeitsgericht in seiner neuesten Entscheidung vom 7. Juli 2005 (2 AZR 581/04).
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) erkennt eine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten bei intensiver zeitlichen Nutzung des Internets während der Arbeitszeit zu privaten Zwecken an. Das gilt insbesondere dann, wenn der Zugriff auf Internetseiten mit pornographischem Inhalt erfolgt. In solchen Fällen kann ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses vorliegen. Ob die Kündigung im konkreten Fall wirksam ist, ist auf Grund einer Gesamtabwägung der Umstände des Einzelfalls festzustellen.
Der Entscheidung des BAG lag folgender Sachverhalt zugrunde: Zwischen den Parteien bestand ein fast zwanzigjähriges Arbeitsverhältnis, wonach der Arbeitnehmer als Schichtführer beschäftigt war. Nach vorausgegangenen Ermittlungen des werkseigenen Ermittlungsdienstes warf der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine private Nutzung des Internets innerhalb eines Zeitraums von 3 Monaten von insgesamt 18 Stunden - einschließlich 5 Stunden für "Surfen" auf pornographischen Seiten - vor. Der Arbeitnehmer hat Zugriffe auf das Internet während der Arbeitszeit eingeräumt und geltend gemacht, er habe das Internet höchstens für ca. 5 - 5,5 Stunden privat genutzt. Davon habe er allenfalls 55 - 70 Minuten Seiten mit pornographischem Inhalt aufgerufen. Von dem Verbot des Arbeitgebers auf Internetseiten mit pornographischem Inhalt zuzugreifen habe er keine Kenntnis gehabt. Das Bundesarbeitsgericht hob die Entscheidung der beiden Vorinstanzen auf, wonach bei dem vorliegenden Sachverhalt eine Kündigung nicht in Betracht komme. Nunmehr muss das Berufungsgericht erneut entscheiden und dabei nach Vorgabe durch das BAG Fragen berücksichtigen, die sich jeder Arbeitnehmer vor Nutzung des Internets am besten selbst stellen sollte. Darf der Arbeitnehmer das Internet ohne Erlaubnis überhaupt privat nutzen? In welchem zeitlichen Umfang wird beim Surfen keine Arbeitsleistung erbracht und inwieweit wird die Arbeitsleistung qualitativ beeinträchtigt, ferner welche Kosten sind hiermit verbunden? Geht möglicherweise mit dem Aufrufen pornographischen Seiten ein Imageverlust des Arbeitgebers einher? Wird es ein verständig denkender Arbeitgeber noch einmal bei einer Abmahnung bewenden lassen?
Wenn auf diese Fragen keine eindeutige Antwort gegeben werden kann, so lautet die Devise „Finger weg vom Internet!“.
Für den Arbeitgeber ist es zur Vermeidung von Streitfällen ratsam, bereits im Arbeitsvertrag entsprechende Regelungen aufzunehmen und/oder Betriebsvereinbarungen hierüber abzuschließen.
Nicole Brauer
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Kasinostraße 5, 64293 Darmstadt
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