Fristlose Kündigung: Mitarbeiter darf keine Privatpost auf Firmenkosten verschicken

Veröffentlicht in der Tageszeitung "Darmstäder Echo" am 30.09.2006

Fristlose Kündigung:

Mitarbeiter darf keine Privatpost auf Firmenkosten verschicken

 

Bei strafbaren Handlungen von Arbeitnehmern im Betrieb herrscht höchste Alarmstufe. Strafbare Handlungen gefährden den Bestand des Arbeitsverhältnisses, da diese an und für sich geeignet sind, eine Kündigung – regelmäßig auch als fristlose Kündigung – des Arbeitgebers zu rechtfertigen. Das gilt insbesondere bei Vermögensstraftaten wie Diebstahl und Unterschlagung zu Lasten des Arbeitgebers oder gegenüber Kollegen. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts geht bei Vorliegen derartiger Straftaten davon aus, dass im Regelfall das Vertrauensverhältnis so gestört ist, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses und selbst die Einhaltung der Kündigungsfrist dem Arbeitgeber nicht mehr zuzumuten ist. Zumal es dem Arbeitnehmer klar sein muss, dass der Arbeitgeber solche Verhaltensweisen nicht dulden wird. Dabei gilt grundsätzlich, dass die Wegnahme von Gegenständen mit geringem Wert keine Ausnahme darstellt.

 

Allerdings wird mittlerweile in der Rechtsprechung einiger Arbeitsgerichte auch die Meinung vertreten, dass der Diebstahl geringwertiger Sachen zum Nachteil des Arbeitgebers nicht ohne weiteres geeignet sei, eine fristlose Kündigung zu begründen. Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber im Zuge der im Jahr 2002 in Kraft getretenen Schuldrechtsmodernisierung mit § 314 BGB für Dauerschuldverhältnisse – wozu auch das Arbeitsverhältnis zählt – ein gesetzliches Abmahnerfordernis als Voraussetzung für den Ausspruch einer Kündigung geschaffen hat. Seitdem wird vermehrt die Auffassung vertreten, dass bei Diebstahl geringwertiger Sachen vor Ausspruch der Kündigung eine Abmahnung erforderlich ist. Inwieweit dem gefolgt werden kann ist vom jeweiligen Einzelfall abhängig. Weder kann man sagen, dass eine Abmahnung nie, noch dass sie stets erforderlich ist. Jedenfalls sollte der Arbeitnehmer sich nicht darauf verlassen, dass der Arbeitgeber es bei Verfehlungen mit geringem wirtschaftlichen Schaden nur bei einer Abmahnung belassen wird. Sonst kann es zu einem bösen Erwachen kommen, wie eine aktuelle Entscheidung des Arbeitsgerichtes Frankfurt/Main vom 31. Juli 2006 (Az.: 22 Ca 966/06) zeigt.

 

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte ein Kundenbetreuer einer Versicherungsgesellschaft neun Privatbriefe über die Frankiermaschine des Unternehmens frankieren lassen, wobei sich die Portokosten auf rund fünf Euro beliefen. Einer Poststellenangestellten fielen die Briefe auf, weil die Adressen mit der Hand geschrieben waren. Nachdem der Arbeitgeber von dem Vorfall Kenntnis erlangte, kündigte er das Arbeitsverhältnis ohne vorherige Abmahnung fristlos. Das Arbeitsgericht gab dem Arbeitgeber recht und bestätigte die Wirksamkeit der Kündigung. Es begründete seine Entscheidung damit, dass der Arbeitnehmer durch das Versenden seiner privaten Briefe auf Kosten des Unternehmens den Straftatbestand des "Erschleichen von Leistungen" i.S.v. § 265a Strafgesetzbuch verwirklicht habe. Aus diesem Grund sei die fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung gerechtfertigt. Dies gelte auch obwohl der Schaden für das Unternehmen letztendlich gering war und der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern zuvor die Nutzung der Frankiermaschine für private Post nicht ausdrücklich untersagt hatte. Die Richter entschieden, dass ein Beschäftigter auch ohne einen derartigen ausdrücklichen Hinweis wissen muss, dass die Frankiermaschine des Unternehmens nicht für die Privatpost der Mitarbeiter zur Verfügung stünde.

Ob diese Entscheidung des Arbeitsgerichts Frankfurt/Main Bestand haben wird, bleibt abzuwarten. Jedenfalls orientiert sie sich an der noch gültigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach selbst der Diebstahl geringwertiger Sachen auch ohne vorherige Abmahnung eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann.

 


Nicole Brauer
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Kasinostraße 5, 64293 Darmstadt
Tel. 06151/30 766-0

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