Die Wirkung von Ausschlussfristen im Arbeitsverhältnis

Veröffentlicht in der Tageszeitung "Darmstäder Echo" am 28.05.2005

Ausschlussfristen - häufig auch Verfallfristen genannt - sind Regelungen, wonach Ansprüche der Vertragsparteien innerhalb einer bestimmten Frist geltend zu machen sind, andernfalls sie später nicht mehr erfolgreich durchgesetzt werden können. Solche Regelungen können sowohl Gegenstand des Arbeitsvertrages sein, als auch Inhalt von Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträgen. 

Die Missachtung von Ausschlussfristen kann sich gerade für den Arbeitnehmer als „Bumerang“ erweisen, in dem das Ergebnis eines gewonnenen Kündigungsschutzprozesses in seinem Wert deutlich geschmälert wird. Die Folge eines gewonnenen Prozesses ist grundsätzlich die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Fortzahlung der bis zum Prozessende aufgelaufenen Vergütungsansprüche des Arbeitnehmers (sog. Annahmeverzugslohn), die bei langer Verfahrensdauer beachtliche Summen ausmachen können. Hat der Arbeitnehmer allerdings den Annahmeverzugslohn nicht fristgerecht geltend gemacht, muss der Arbeitgeber keinen Cent bezahlen. Der Arbeitnehmer kann dann im Ergebnis nur die tatsächliche Weiterbeschäftigung verlangen, währenddessen er mit den entgangenen Vergütungsansprüchen infolge der Fristversäumnis auf der Strecke bleibt. Leicht auszumalen, dass dies existenzielle Bedeutung haben kann.

Obwohl Ausschlussfristen schwerwiegende Nachteile für den Arbeitnehmer mit sich bringen können und die gesetzlichen Verjährungsfristen durch sie verkürzt werden, hat die Rechtsprechung gegen deren grundsätzliche Wirksamkeit keine Bedenken. Denn im Arbeitsverhältnis und insbesondere nach dessen Beendigung sollen die Vertragsparteien schnell Klarheit darüber erlangen, wie lange mit Ansprüchen der Gegenseite zu rechnen ist. Allerdings dürfen Ausschlussfristen in vom Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsverträgen nicht unverhältnismäßig kurz bemessen sein. Arbeitsvertragsformulare, die vom Arbeitgeber mehrfach verwendet werden und auf deren inhaltliche Ausgestaltung der Arbeitnehmer keinen Einfluss nehmen kann, sind als Allgemeine Geschäftsbedingungen zu sehen, die von den Arbeitsgerichten rechtlich überprüft werden können. Wurden bis zu einer Gesetzesänderung im Jahr 2002 ganz kurze Ausschlussfristen in Arbeitsverträgen – z.B. von einem Monat - noch als wirksam angesehen, so dürfte dies heute problematisch sein. Wenngleich auch hier die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes zur gesetzlichen Neuregelung noch abzuwarten bleibt, empfiehlt es sich auf die Länge der Ausschlussfristen zu achten. Ausschlussfristen, die sich an den Fristen einschlägiger Tarifverträge orientieren, dürften aber aller Voraussicht nach wirksam sein.

 


Nicole Brauer
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Kasinostraße 5, 64293 Darmstadt
Tel. 06151/30 766-0

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