Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber (Teil 2)

Veröffentlicht in der Tageszeitung "Darmstäder Echo" am 12.03.2005

Die betriebsbedingte Kündigung

Während der Arbeitnehmer grundsätzlich jederzeit das Arbeitsverhältnis durch Kündigung unter Beachtung der einschlägigen Kündigungsfrist beenden kann, ist das Kündigungsrecht des Arbeitgebers bei Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) gesetzlich beschränkt. Nach § 1 KSchG ist eine Kündigung sozial ungerechtfertigt und damit unwirksam, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb entgegenstehen, bedingt ist.

Eine betriebsbedingte Kündigung setzt zunächst inner- oder außerbetriebliche Gründe voraus, die der Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers entgegenstehen.

Innerbetrieblichen Gründe zur Kündigung liegen dann vor, wenn sich der Arbeitgeber zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt – z.B. Rationalisierungsmaßnahmen, Einstellung oder Einschränkung der Produktion - bei deren Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt. Diese unternehmerische Entscheidung ist grundsätzlich einer gerichtlichen Kontrolle nicht zugänglich. Die Arbeitsgerichte haben im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses nicht darüber zu entscheiden, ob es zweckmäßig ist, dass der Arbeitgeber beispielsweise seine Produktion einschränkt. Überprüfbar ist allerdings von den Arbeitsgerichten, ob die unternehmerische Entscheidung tatsächlich vorliegt und durch ihre Umsetzung das Beschäftigungsbedürfnis für den gekündigten Arbeitnehmer entfallen ist. Hierzu muss der Arbeitgeber konkret darlegen, welche organisatorische Maßnahme er getroffen hat – z.B. eine Neuverteilung von Aufgaben, eine Auslagerung einzelner Betriebsabteilungen oder die Schließung seines Betriebes - und warum hierdurch der Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit bedingt ist.

Als außerbetriebliche Gründe kommen z.B. Auftrags- oder Umsatzrückgänge in Betracht. Hierbei genügt es den Arbeitsgerichten aber nicht, wenn der Arbeitgeber pauschal behauptet, er habe seinen Personalbestand entsprechend anpassen müssen. Vielmehr ist die Darlegung des genauen Zusammenhangs notwendig. Der Arbeitgeber muss vortragen, wieso rückläufige Umsatzzahlen zu weniger Arbeit im Betrieb und damit zur Notwendigkeit von Entlassungen führen - denn zwingend ist diese Annahme keineswegs. Um dies für den Fall zu erwartender Klagen ordnungsgemäß darlegen zu können, bedarf es auf Arbeitgeberseite vor Ausspruch der Kündigung einer gründlichen Vorbereitung.

Nach dem Gesetz müssen die Kündigungsgründe zudem dringend sein. Ein betrieblicher Grund ist nur dann dringend, wenn der Arbeitgeber nicht durch andere zumutbare technische, organisatorische oder wirtschaftliche Maßnahmen seine Interessen hinreichend wahren kann, also kein milderes Mittel in Betracht kommt. Die Kündigung muss unvermeidbar sein. Vermeidbar ist die Kündigung aber z. B. dann, wenn der Arbeitnehmer auf einen freien Arbeitsplatz versetzt werden kann oder die Möglichkeit einer Änderungskündigung besteht. Vor Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung müssen insbesondere auch Überstunden abgebaut werden.

Schließlich muss der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und eine gegebenenfalls vorhandene Schwerbehinderung ausreichend berücksichtigen. Diese sogenannte „soziale Auswahl“ ist zwischen Arbeitnehmern mit vergleichbaren Tätigkeiten und desselben Ranges vorzunehmen. Vergleichbarkeit bedeutet hierbei Austauschbarkeit ohne längere Einarbeitungszeit und ohne dass es einer Änderungskündigung bedarf.

 


Nicole Brauer
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Kasinostraße 5, 64293 Darmstadt
Tel. 06151/30 766-0

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