Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ist in Kraft getreten - Auswirkungen auf das Arbeitsrecht

Veröffentlicht in der Tageszeitung "Darmstäder Echo" am 26.08.2006

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ist in Kraft getreten -

Auswirkungen auf das Arbeitsrecht

 

Nach einer Reihe von Pannen ist am 18. August 2006 das heftig umstrittene Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in Kraft getreten. Mit dem AGG kommt Deutschland seiner Verpflichtung nach, vier Richtlinien der Europäischen Gemeinschaft zum Schutz vor Diskriminierung in nationales Recht umzusetzen. Das AGG will Benachteiligungen aus Gründen der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität verhindern, § 1 AGG.

 

Ein Schwerpunkt des Anwendungsbereiches liegt im Bereich von Beschäftigung und Beruf, der in den §§ 6 ff. AGG - dem so genannten arbeitsrechtlichen Teil – geregelt ist. Geschützt sind hiernach Beschäftige eines Betriebs, d.h. Arbeitnehmer, Auszubildende, arbeitnehmerähnliche Personen, Heimarbeiter und die ihnen Gleichgestellten. In der Praxis von erheblicher Relevanz ist vor allem, dass auch Stellenbewerber als „Beschäftigte“ im Sinne dieser Vorschriften gelten. Für die Beschäftigten gilt das AGG zeitlich von der Stellenausschreibung über den Abschluss und die Durchführung des Arbeitsverhältnisses bis hin zu seiner Beendigung und ggfs. - z.B. bei der betrieblichen Altersversorgung - auch über die Beendigung hinaus.

 

Unzulässig sind alle Benachteiligungen aus den in § 1 AGG genannten Diskriminierungsmerkmalen. Der Begriff der Benachteiligung umfasst dabei unterschiedliche Benachteiligungsformen: Die unmittelbare Benachteiligung - bei der Personen oder Personengruppen wegen eines Diskriminierungsmerkmals ungünstiger behandelt werden als andere, die dieses Diskriminierungsmerkmal nicht erfüllen -, die mittelbare Benachteiligung- bei der eine neutrale Regelung vorliegt, die sich nachteilig auf Personen bzw. Gruppen auswirken kann, die eines der Diskriminierungsmerkmale erfüllen - sowie die (sexuelle) Belästigung. Als Benachteiligung gilt aber auch, wenn ein Vorgesetzter einen Mitarbeiter anweist, einen anderen Mitarbeiter zu diskriminieren. Hierbei spricht man von einer unzulässigen Anweisung zur Benachteiligung.

 

Eine mittelbare Benachteiligung wegen der ethnischen Herkunft kann beispielsweise darin liegen, dass in einer Stellenausschreibung die Beherrschung der deutschen Sprache gefordert wird. Der Grund hierfür liegt darin, dass Mitbürger mit Migrantenhintergrund die deutsche Sprache oftmals schlechter beherrschen. Allerdings regelt das AGG in den §§ 8-10 Ausnahmen von dem Verbot der Benachteiligung. Unter gewissen Umständen können Benachteiligungen wegen beruflicher Anforderungen, der Religion oder wegen des Alters zulässig sein. Bei einer Stellenausschreibung z.B. für die Position eines Journalisten wird die Anforderung an das Beherrschen der deutschen Sprache sachlich gerechtfertigt sein. Bei der Stellenanzeige für eine Reinigungskraft dürfte dies aber regelmäßig nicht der Fall sein. Daneben können z.B. auch Stellenausschreibungen mit konkreten Altersangaben problematisch werden, da hierdurch eine Benachteiligung wegen des Alters gegeben sein kann. Diesbezüglich sieht das AGG aber einige wichtige Ausnahmeregelung vor, so z.B. wenn Mindestanforderungen an das Alter, die Berufserfahrung oder das Dienstalter für den Zugang der Beschäftigung bestehen oder ein Höchstalter für die Einstellung wegen spezifischer Ausbildungsanforderungen eines Arbeitsplatzes berücksichtigt werden muss.

 

Arbeitsvertragliche Bestimmungen, die gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen sind unwirksam. Neben dem Beschwerde- und Leistungsverweigerungsrecht regelt das AGG in § 15 Ansprüche auf Schadensersatz und Entschädigung. Eine Höchstgrenze für die Entschädigung ist mit wenigen Ausnahmen nicht geregelt und liegt daher im Ermessen der Gerichte. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll sie aber so ausgestaltet sein, dass sie „abschreckende Wirkung“ entfaltet. Will ein Beschäftigter Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüche wegen Benachteiligung nach dem AGG geltend machen, so muss er hierbei seinerseits bestimmte Fristen einhalten.

 

Mit Ausnahme des Bereich der geschlechtsbedingten Benachteiligung- die auch schon vor Inkrafttreten des AGG in § 611 a des Bürgerlichen Gesetzbuches geregelt war - besteht derzeit noch erhebliche Rechtsunsicherheit, wie sich das Gesetz in der Praxis auswirken wird. Viele Fragen werden erst im Laufe der Zeit von der Rechtsprechung beantwortet werden. Fest steht aber bereits jetzt, dass es für Arbeitgeber umso wichtiger ist, alle bedeutsamen Personalmaßnahmen künftig gründlich zu dokumentieren sowie die im Unternehmen bestehenden individual- und kollektivrechtlichen Regelungen zu überprüfen. Der Arbeitgeber selbst wie auch seine Vertreter müssen darauf bedacht sein, die Regelungen des AGG einzuhalten und insbesondere darauf hinwirken, dass es auch nicht zwischen den Beschäftigten zu Diskriminierungen kommt.

 


Nicole Brauer
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Kasinostraße 5, 64293 Darmstadt
Tel. 06151/30 766-0

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