Bis zum bitteren Ende - Recht auf Arbeit besteht grundsätzlich bis zum Ablauf der Kündigungsfrist

Veröffentlicht in der Tageszeitung "Darmstäder Echo" am 13.08.2005

Während des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer grundsätzlich einen Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung in der vertraglich vereinbarten Art und Weise. Er muss sich nicht damit begnügen, dass er sein Geld für Nichtstun bekommt. Dies gilt auch in einem gekündigten Arbeitsverhältnis für die Dauer der Kündigungsfrist. Insbesondere bei betriebsbedingten Kündigungen kommt es häufig vor, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer bereits während der Kündigungsfrist nach Hause schickt – ihn also freistellt. An der Pflicht zur Zahlung der Vergütung ändert dies zunächst nichts, so dass diese Vorgehensweise meist auf die Zustimmung des Arbeitnehmers stößt. Aus taktischen Gründen ist diese Sichtweise aber nicht immer zu empfehlen. Nicht zuletzt bei betriebsbedingten Kündigungen entwickeln sich die Dinge zwischen dem Erhalt der Kündigung und dem Ablauf der Kündigungsfrist häufig anders als erwartet und können damit dem Kündigungsschutzprozess des Arbeitsnehmers einen ganz anderen Verlauf geben. Vorausgesetzt der Arbeitnehmer verfügt über entsprechende Informationen, die er naturgemäß bei tatsächlichem Verbleib im Betrieb am Besten gewinnen kann.

Gekündigte Arbeitnehmer müssen nach einer aktuellen Entscheidung des Arbeitsgerichts Frankfurt eine sofortige Freistellung bis zum Ende der Kündigungsfrist grundsätzlich nur in Ausnahmefällen hinnehmen. Hiervon ist nur dann auszugehen, wenn ganz überwiegende Interessen des Arbeitgebers an einer Freistellung vorliegen, z.B. wenn der Arbeitgeber seinen Betrieb bereits vor Ablauf der Kündigungsfrist eingestellt hat und die Beschäftigung damit de facto nicht mehr möglich ist. Recht häufig enthalten aber auch Arbeitsverträge sogenannte Freistellungsklauseln, die den Arbeitgeber berechtigen sollen, den Arbeitnehmer einseitig von der Arbeitsleistung zu suspendieren. Im Falle standardisierter Arbeitsverträge mehren sich jedoch Stimmen, wonach solche Klauseln als unwirksam erachtet werden, so auch eine ebenfalls vor kurzem ergangene Entscheidung des Arbeitsgerichtes Freiburg. 

Der Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers lässt sich notfalls auch im Wege eines Eilverfahrens vor dem Arbeitsgericht durchsetzen. Ob man diesen Weg als Arbeitnehmer gehen sollte, bedarf einer Entscheidung im jeweiligen Einzelfall. Hierfür ist vor allem bedeutsam, welche Zielrichtung der Arbeitnehmer verfolgt, unter Umständen auch ob ggfs. die Gefahr des Verlustes beruflicher Fähigkeiten oder Kontakte im Zusammenhang mit der Nichtbeschäftigung bestehen. 


Nicole Brauer
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Kasinostraße 5, 64293 Darmstadt
Tel. 06151/30 766-0

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