Bezahltes Feiern in der fünften Jahreszeit?
Veröffentlicht in der Tageszeitung "Darmstäder Echo" am 17.02.2007
Bezahltes Feiern in der fünften Jahreszeit?
Anspruch auf dienstfrei am Rosenmontag oder Faschingsdienstag
Auch wenn Südhessen keine Karnevalshochburg ist, so herrschen auch bei uns mancherorts in diesen Tagen närrische Verhältnisse, die vor der Arbeitswelt nicht halt machen und mit dem Brauch einhergehen, dass Rosenmontag oder Fastnachtdienstag arbeitsfrei bleiben. Allerdings sind die Zeiten härter geworden und steigender Kostendruck hat in den letzten Jahren vermehrt dazu geführt, dass viele Arbeitgeber den Bestand solcher Regelungen auf den Prüfstein stellen müssen. So stellt sich denn auch in diesen Tagen für viele Arbeitnehmer die Frage nach einem Anspruch auf freie „Feier“-Tage am kommenden Rosenmontag bzw. Faschingsdienstag.
Beantwortet werden kann diese Frage nur mit dem von Juristen so häufig verwendeten Satz: „Es kommt darauf an!“ Auch wenn immer wieder entsprechende Gerüchte kursieren und so mancher Elferrat es bestimmt gerne zum Gesetz machen würde, so ist dennoch der Rosenmontag oder Faschingsdienstag - ebenso wie Heiligabend und Sylvester - kein gesetzlicher Feiertag. Mangels einer entsprechenden Regelung im Feiertagsgesetz ist der Arbeitgeber daher also grundsätzlich nicht verpflichtet, seine Mitarbeiter von der Arbeit bezahlt freizustellen. Allerdings: Hat der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern in den letzten Jahren am Rosenmontag oder Faschingsdienstag immer frei gegeben, muss er sich auch in diesem Jahr daran halten. Selbst wenn der Arbeitgeber dieses Jahr unternehmerische Gründe hat, warum die Mitarbeiter auf den bisher freien „Feier“-Tag verzichten sollen, kann der Arbeitgeber diesen freien Tag einseitig nicht einfach wieder streichen. Die entsprechende Handhabung der Vorjahre begründet vielmehr einen Vertrauenstatbestand, eine so genannte „betriebliche Übung“, aufgrund derer die Arbeitnehmer an den jecken Tagen auch ohne Gesetz oder ausdrückliche Vertragsklausel verlangen können, wie in den Vorjahren behandelt zu werden, also ggfs. bezahlt feiern zu dürfen.
Von einer betrieblichen Übung ist immer dann auszugehen, wenn die Arbeitnehmer in der Vergangenheit wiederholt an einem der Faschingstage frei bekommen haben und sich aus dieser Handhabung aus Sicht der Arbeitnehmer ableiten lässt, dass der Arbeitgeber dies auch in Zukunft so halten wird. Hat der Arbeitgeber mindestens drei Jahre hintereinander eine Arbeitsbefreiung z. B. am Rosenmontag gewährt, so ist eine betriebliche Übung entstanden, auf die sich die Arbeitnehmer auch in den nächsten Jahren berufen können. Das gilt dann nicht nur für die Arbeitsbefreiung, sondern auch für die Frage, ob für diese Zeit das Arbeitsentgelt fortzuzahlen ist.
Ist die Handhabung im Betrieb dagegen unterschiedlich, d. h. entscheidet der Arbeitgeber in jedem Jahr neu, ob er einen freien Tag gewährt oder gibt er z.B. in dem einen Jahr am Rosenmontag, in dem nächsten Jahr am Faschingsdienstag frei, kann eine betriebliche Übung nicht entstehen. Daneben kann der Arbeitgeber das Entstehen einer betrieblichen Übung aber auch dadurch verhindern, dass er einen entsprechenden Vorbehalt erklärt. In welcher Form dies geschieht, etwa durch einen Aushang am schwarzen Brett, mit einem Rundschreiben oder durch persönliche Erklärung gegenüber jedem einzelnen Arbeitnehmer, ist von untergeordneter Bedeutung. Aus Arbeitgebersicht ist nur wichtig, dass der Vorbehalt klar und unmissverständlich geäußert wird. Für die Arbeitnehmer muss deutlich sein, dass die Regelung nur für das betreffende Jahr gilt und sich der Arbeitgeber für Folgejahre eine Änderung vorbehält.
Schließlich kann eine betriebliche Übung auf dem gleichen Weg wie sie entsteht, auch wieder beseitigt werden. Ein Arbeitgeber, der ehemals seinen Angestellten an den närrischen Tagen freigegeben hat, darf seinerseits darauf vertrauen, dass er hierzu nach einer gewissen Zeit nicht mehr verpflichtet ist, wenn seine Beschäftigten eine gegenläufige Praxis widerspruchslos hingenommen haben. Dies wäre beispielsweise dann der Fall, wenn der Arbeitgeber, der ursprünglich ohne Wenn und Aber einen freien Tag gewährt hat, diese Praxis in den Folgejahren mit dem Hinweis verbunden hat, dass die Arbeitsbefreiung nunmehr freiwillig und ohne Anerkennung von Rechtsansprüchen erfolge und zwar mit dem Vorbehalt, dass in der Zukunft jeweils gesondert und aufs Neue darüber entschieden wird, ob eine Freistellung in Betracht kommt.
Im Zweifel sollten daher „echte Narren“ zum Feiern vorher und vor allem rechtzeitig Urlaub beantragen.
Nicole Brauer
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Kasinostraße 5, 64293 Darmstadt
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