Auf den letzten Drücker

Veröffentlicht in der Tageszeitung "Darmstäder Echo" am 17.12.2005

Im betrieblichen Alltag ist die Zeit des Advents häufig das Gegenteil der damit verbundenen Besinnlichkeit und Ruhe, da aus den unterschiedlichsten Gründen Entscheidungen noch im „alten Jahr“ umgesetzt werden müssen. Oft lauern hier Fehlerquellen, wenn zum Beispiel beim Ausspruch von Kündigungen übersehen wird, dass der betroffene Arbeitnehmer sich schon in den Weihnachsturlaub verabschiedet hat. Ist die Kündigung unumgänglich, so sollte der Arbeitgeber nicht auf den Postweg, auch nicht in Form eines Einschreibebriefes, vertrauen. Günstigenfalls erreicht das Einschreiben verspätet seinen Empfänger, schlimmstenfalls überhaupt nicht. Dies hat entweder zur Folge, dass sich die Kündigungsfristen entsprechend verschieben oder das Kündigungsschreiben – so bei einem Einschreibebrief mit Rückschein – als nicht abgeholt an den Arbeitgeber zurückgelangt und in diesem Fall eine erneute Kündigung nötig wird. Auch bei sogenannten Einwurfeinschreiben kommt es in der Praxis nicht selten zu Beweisprobleme darüber, was dem Arbeitnehmer denn zugegangen ist. Nicht selten hört man in arbeitsgerichtlichen Verfahren die Aussage, dass es jedenfalls kein Kündigungsschreiben war. Wenn es zeitlich „eng“ wird, ist daher als sicherster Weg die Zustellung durch einen vertrauenswürdigen und persönlich bekannten Boten vorzuziehen, wobei dieser auch Kenntnis vom Inhalt des Kündigungsschreibens haben sollte. Der Einwurf in den Hausbriefkasten bewirkt regelmäßig den Zugang der Kündigung und setzt den Lauf der Kündigungsfrist in Gang und zwar unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer bereits im Urlaub ist.

In der Eile ist besondere Sorgfalt auch bei der Unterzeichnung einer Kündigung geboten, so z.B. wenn der Arbeitgeber in Form einer GmbH organisiert ist und mehrere Geschäftsführer existieren. Ohne besondere Regelung, die der Eintragung in das Handelsregister bedarf, müssen alle Geschäftsführer im Original auf dem Kündigungsbrief unterschreiben. Der Verzicht auf die nötige Unterschrift eines ebenfalls schon in den Weihnachtsurlaub verreisten Geschäftsführers kann zur Unwirksamkeit der Kündigung führen, wenn der Arbeitnehmer diesen Formmangel unverzüglich rügt. Existiert ein Betriebsrat im Betrieb des Arbeitgebers, so ist bei dessen zwingend erforderlicher Anhörung vor Ausspruch einer Kündigung eine einwöchige Anhörungsfrist zu beachten. Wird im Betrieb „zwischen den Jahren“ nicht gearbeitet, so ist auch der Betriebsrat nicht verpflichtet, wegen einer Kündigungsanhörung zusammenzukommen. Vielmehr verschiebt sich die Anhörungsfrist und damit die Zulässigkeit der Kündigung ins nächste Jahr.

Die Beantwortung der Frage, ob der Arbeitgeber vor Weihnachten überhaupt kündigen darf stellt sicht naturgemäß in wirtschaftlich schwierigen Zeiten häufiger denn je. Selbst wenn solche Fälle aus persönlichen Gründen besonders hart treffen und eine Frage des Stils sind, gilt insofern kein Kündigungsverbot. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes ist selbst eine dem Arbeitnehmer am Heiligabend ausgehändigte Kündigung nicht wegen Zustellung zur Unzeit unwirksam.

 


Nicole Brauer
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Kasinostraße 5, 64293 Darmstadt
Tel. 06151/30 766-0

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