Auch leitende Angestellte genießen Kündigungsschutz- aber eingeschränkt!
Veröffentlicht in der Tageszeitung "Darmstäder Echo" am 28.04.2007
Auch leitende Angestellte genießen Kündigungsschutz- aber eingeschränkt!
Der leitende Angestellte ist nicht ganz seiner eigener Chef, aber auch kein „normaler“ Arbeitnehmer, vielmehr hat er in der Belegschaft eine Sonderstellung. Zwar unterliegen auch leitende Angestellte der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes, allerdings unterscheidet sich der Kündigungsschutz für leitende Angestellte vom dem der übrigen Arbeitnehmer in zweierlei Hinsicht:
Unterschied zum Kündigungsschutz der übrigen Arbeitnehmer
Zum einen werden an das Vorliegen von Kündigungsgründen geringere Anforderungen gestellt.
Dies liegt daran, dass leitende Angestellte aufgrund ihrer exponierten Stellung und der Nähe zur Unternehmensleitung deutlich höhere Treuepflichten als „einfache“ Arbeitnehmer haben. Aus diesem Grund stellen die Arbeitsgerichte an eine Kündigung aus personen- oder verhaltensbedingten Gründen wesentlich geringere Anforderungen. Aufgrund der besonderen Aufgaben und Vertrauensstellung von leitenden Angestellten ist an deren Verhalten regelmäßig ein strengerer Maßstab anzusetzen. So fallen beispielsweise Pflichtwidrigkeiten im Vertrauensbereich bei leitenden Angestellten schwerer ins Gewicht als bei „normalen“ Arbeitnehmern. Dem entsprechend können Sachverhalte, die bei „normalen“ Arbeitnehmern allenfalls für eine Abmahnung ausreichen, bei leitenden Angestellten unter Umständen bereits eine Kündigung rechtfertigen.
Zum anderen haben leitende Angestellte zudem aber auch einen verminderten Bestandsschutz.
Ein „ normaler“ Arbeitnehmer, dem gekündigt wurde, kann mittels einer Kündigungsschutzklage sein Verbleiben im Betrieb erzwingen. Entscheidet das Arbeitsgericht, dass die Kündigung unwirksam ist, muss der Arbeitgeber den klagenden Arbeitnehmer weiterbeschäftigen, ob ihm das gefällt oder nicht. Diese Möglichkeit hat der leitende Angestellte nicht. Zwar können auch leitende Angestellte sich wie andere Arbeitnehmer gegen eine Kündigung vor dem Arbeitsgericht wehren. Allerdings sieht das Kündigungsschutzgesetz bei einem Kündigungsschutzverfahren eines leitenden Angestellten die Besonderheit vor, dass der Arbeitgeber jederzeit einen Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung stellen kann und zwar ohne dass er diesen Antrag irgendwie begründen muss. Das Arbeitsgericht muss dann zwingend dem Auflösungsantrag des Arbeitgebers stattgeben, ohne dass sich dieser im Geringsten hiergegen wehren kann. Damit eröffnet das Gesetz dem Arbeitgeber die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis mit einem leitenden Angestellten - trotz einer sozial nicht gerechtfertigten Kündigung - einseitig zu beenden. Der leitende Angestellte kann dann nicht mehr um den Erhalt seines Arbeitsplatzes kämpfen, geht aber zumindest finanziell nicht leer aus. In welcher Höhe eine Abfindung gezahlt wird, liegt grundsätzlich im Ermessen des Gerichtes und kommt auf den jeweiligen Einzelfall an, insbesondere auch auf die Argumentation der Parteien im Prozess.
Wann ist man eigentlich „leitender Angestellter“?
Die vorstehenden Besonderheiten gelten aber nur bei einem „echten“ leitenden Angestellten im kündigungsschutzrechtlichen Sinne. In der Praxis kommt es häufig vor, dass Arbeitnehmer z.B. im Rahmen von Arbeitsverträgen als leitende Angestellte bezeichnet werden. Nicht selten stellt sich dann aber bei genauer Betrachtung heraus, dass der Arbeitnehmer gar kein Leitender im rechtlichen Sinne ist und zwar mit der Folge, dass der Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess auch keine einseitige Auflösung des Arbeitsverhältnisses beantragen kann. Es stellt sich daher die Frage, was eigentlich aus einem Angestellten einen leitenden Angestellten macht? In erster Linie der Entscheidungsspielraum. Das Kündigungsschutzgesetz verweist im Zusammenhang mit dem Begriff des leitenden Angestellten in § 14 auf Personen mit leitenden Funktionen wie Geschäftsführer, Betriebsleiter oder ähnlich leitende Personen, soweit diese zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind. Bei den hier genannten Geschäftsführern sind allerdings nicht solche im gesellschaftsrechtlichen Sinne zu verstehen. Diese unterfallen sowieso nicht dem Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes. Vielmehr meint die Vorschrift solche Arbeitnehmer, die dem Unternehmen leitend vorstehen, also z.B. im kaufmännischen, organisatorischen, technischen oder personellen Bereich unternehmerische Führungsaufgaben wahrnehmen. „Ähnlich leitende Angestellte“ sind solche, die entweder auf personellem oder auf wirtschaftlichem Gebiet bedeutende Befugnisse für den Bestand und die Entwicklung des Betriebes haben.
Auch wenn es für den Arbeitnehmer regelmäßig eine Privilegierung darstellt, zum Kreis der leitenden Angestellten in einem Unternehmen zu gehören, so sollte dennoch im Zusammenhang mit einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses genau überprüft werden, ob die Voraussetzungen tatsächlich vorliegen. Sowohl für den betroffenen Arbeitnehmer als auch den Arbeitgeber sind die rechtlichen Auswirkungen nicht ganz unbedeutend.
Nicole Brauer
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Kasinostraße 5, 64293 Darmstadt
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