Arbeitsrechtliche Konsequenzen beim Betriebsübergang (Teil 2)
Veröffentlicht in der Tageszeitung "Darmstäder Echo" am 21.05.2005
Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers
Aus Sicht des Arbeitnehmers bedeutet die Rechtsfolge des in § 613 a BGB geregelten Betriebsübergangs, dass er sich einem neuen Arbeitgeber gegenüber sieht, ohne hierauf zunächst Einfluss nehmen zu können. Die Rechtsprechung hat daher schon lange anerkannt, dass diese Rechtsfolge allgemeinen Vertragsgrundsätzen entgegensteht und dem Arbeitnehmer ein Widerspruchsrecht eingeräumt, welches inzwischen auch gesetzlich in § 613 a Abs. 6 BGB verankert wurde. Hiernach kann der Arbeitnehmer dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monat nach Zugang einer vollständigen Unterrichtung schriftlich widersprechen. Eine vollständige Unterrichtung kann entweder von Seiten des bisherigen Arbeitgebers aber auch durch den neuen Inhaber geschehen. Die Unterrichtung muss den Zeitpunkt und den Grund des Übergangs sowie die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen für den Arbeitnehmer wie auch ggfs. hinsichtlich des Arbeitnehmers in Aussicht genommene Maßnahmen deutlich machen.
Widerspricht der Arbeitnehmer dem Betriebsübergang, so besteht sein Arbeitsverhältnis mit dem bisherigen Arbeitgeber fort. Allerdings ist der Arbeitnehmer bei einem beabsichtigten Widerspruch gut beraten, wenn er zuvor die betrieblichen Umstände hinterfragt. Dies vor allem deshalb, weil ein einmal erklärter Widerruf nach besserer Erkenntnis später nicht mehr widerrufen werden kann. Bei einer kompletten Betriebsveräußerung wird der alte Arbeitgeber regelmäßig keine weitere Beschäftigungsmöglichkeit haben. Die legitime Reaktion des Arbeitgebers wird dann in einer betriebsbedingten Kündigung liegen, die nicht dem - in der letzten Ausgabe dieser Serie beschriebenen - Kündigungsverbot des § 613 a BGB unterfällt. Auch bei einem beabsichtigten Widerspruch im Rahmen von Teilbetriebsveräußerungen sollte dieser Schritt gut überlegt sein, da er beispielsweise zum Ausschluss von Sozialplanansprüchen führen kann. Daneben kann sich ein grundlos ausgeübter Widerspruch im Rahmen einer Sozialauswahl zu Lasten des widersprechenden Arbeitnehmers auswirken, wenn sein alter Arbeitgeber mangels einer weiteren Beschäftigungsmöglichkeit betriebsbedingt kündigen muss. Ein berechtigter Widerspruchsgrund kann aber in dem Verlust schützenswerter Interessen des Arbeitnehmers liegen. Hiervon kann beispielsweise dann ausgegangen werden, wenn es sich beim Betriebserwerber um einen Kleinbetrieb handelt, auf den im Gegensatz zum Betriebsveräußerer das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet und der Arbeitnehmer mit dem Übergang den bisherigen allgemeinen Kündigungsschutz verliert.
Nicole Brauer
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Kasinostraße 5, 64293 Darmstadt
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