Arbeitsrechtliche Konsequenzen beim Betriebsübergang (Teil 1)

Veröffentlicht in der Tageszeitung "Darmstäder Echo" am 14.05.2005

Kein neuer Arbeitsvertrag erforderlich!

Ein „Betriebsübergang“ liegt vor, wenn entweder ein Betrieb als Ganzes oder lediglich ein Betriebsteil eines Unternehmens auf ein anderes Unternehmen übertragen wird, so z.B. wenn ein Chemieunternehmen eine seiner Sparten an eine andere Firma verkauft. Es muss sich aber nicht zwangsläufig um einen Verkauf handeln, vielmehr kann auch dann ein Betriebsübergang vorliegen, wenn eine Gaststätte neu verpachtet wird, hierbei z.B. die Einrichtung vom neuen Pächter übernommen wird und das bisherige Angebot an Speisen weitgehend unverändert fortgeführt wird. Ferner kann ein Betriebsübergang Folge einer Unternehmensverschmelzung, einer Unternehmensspaltung oder auch einer Funktionsübertragung vom bisherigen Unternehmen auf ein anderes sein. Ob rechtlich betrachtet ein Betriebsübergang vorliegt, ist davon abhängig, inwieweit die Identität des bisherigen Betriebes oder Betriebsteils gewahrt bleibt, was anhand branchenspezifischer Kriterien für jeden Einzelfall zu beurteilen ist.

Für den Arbeitnehmer stellt sich in solchen Fällen regelmäßig die Frage, was aus seinem Arbeitsverhältnis wird. Nicht selten sieht sich der Arbeitnehmer mit einer betriebsbedingten Kündigung von Seiten seines Arbeitgebers und einem Angebot des Betriebserwerbers zum Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages konfrontiert. Meistens beinhaltet der neue Arbeitsvertrag schlechtere arbeitsrechtlichen Konditionen und lässt die bisherigen Betriebszugehörigkeitszeiten unberücksichtigt. Hierauf muss sich der Arbeitnehmer nicht einlassen, da der Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages nicht erforderlich ist und eine Kündigung, die „wegen des Betriebsübergangs“ ausgesprochen wird, sogar gesetzlich verboten ist. Das Gesetz sieht in § 613 a BGB vor, dass „wenn ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber übergeht, dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen eintritt“, womit ganz automatisch die bisherigen arbeitsvertraglichen Konditionen wie auch die Betriebszugehörigkeit unverändert bleiben. Dies gilt auch für Rechte und Pflichten des Arbeitsverhältnisses, die durch einen Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung geregelt sind, es sei denn, das Arbeitsverhältnis beim neuen Arbeitgeber wird durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrages oder einer anderen Betriebsvereinbarung erfasst. In diesem Fall gelten diese Vorschriften auch für das übergegangene Arbeitsverhältnis, selbst dann, wenn diese ungünstiger für den Arbeitnehmer sind.  


Nicole Brauer
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Kasinostraße 5, 64293 Darmstadt
Tel. 06151/30 766-0

Zurück