Abmahnung- Gelassenheit kann sich auszahlen!
Veröffentlicht in der Tageszeitung "Darmstäder Echo" am 23.07.2005
Für einen Arbeitnehmer, der eine Abmahnung erhalten hat, stellt sich regelmäßig die Frage nach der richtigen Reaktion. Unzweifelhaft besteht bei einer unberechtigten Abmahnung ein Anspruch auf Entfernung aus der Personalakte, der sich notfalls auch gerichtlich durchsetzen lässt. Ob man als Arbeitnehmer hiervon allerdings Gebrauch machen sollte oder dem entgegen die ebenfalls bestehende Möglichkeit zur Ausübung eines Widerspruchsrechts in Form einer Gegendarstellung nutzen sollte, bedarf im jeweiligen Einzelfall guter Überlegungen und ist nicht zuletzt auch eine taktische Entscheidung.
Ein gerichtliches Verfahren belastet ein Arbeitsverhältnis unter Umständen mehr als man denkt und so mancher Abmahnungsprozess endet im Ergebnis mit einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Ist dies unter keinen Umständen gewollt, so bringt selbst ein rechtlich zu gewinnender Abmahnungsprozess dem Arbeitnehmer kaum Vorteile.
Für den Arbeitnehmer besteht keine Obliegenheit gegen eine unberechtigte Abmahnung innerhalb einer festgelegten Zeit vorzugehen. Hat der Arbeitnehmer sich also zunächst einmal entschieden, keine rechtlichen Schritte gegen die erteilte Abmahnung einzuleiten, so bleibt es ihm gleichwohl unbenommen, dies z.B. in einem späteren Kündigungsschutzprozess nachzuholen, falls sich der Arbeitgeber zur Begründung einer Kündigung auf eine vorausgegangene Abmahnung beruft. Den Arbeitgeber trifft auch dann noch die Beweislast hinsichtlich der zugrunde liegenden Tatsachen. Dies erweist sich für den Arbeitgeber häufig als problematisch, wenn –wie in einem Kündigungsschutzprozess die Regel- schon erhebliche Zeiträume zwischen dem Ausspruch der Abmahnung und dem Kündigungsschutzverfahren verstrichen sind und beispielsweise Zeugen nicht mehr im Betrieb beschäftigt sind bzw. sich wegen des Zeitablaufs nicht mehr an das Vorgefallene erinnern können.
Dem Arbeitnehmer ist daher von einem Abmahnungsprozess häufig abzuraten. Vor allem bei Abmahnungen, die nach vorausgegangner rechtlicher Überprüfung eindeutig unwirksam sind, ist es aus den oben dargelegten Gründen für den Arbeitnehmer ratsam, gelassen zu bleiben und allenfalls eine Gegendarstellung zu verfassen.
Nicole Brauer
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Kasinostraße 5, 64293 Darmstadt
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