Wirtschaftsflaute und betriebsbedingte Kündigung - arbeitsrechtliche Grundsätze bleiben unverändert!

Veröffentlicht in: Darmstädter Echo am 28. April 2009

Wirtschaftsflaute und betriebsbedingte Kündigung - arbeitsrechtliche Grundsätze bleiben unverändert!

Aufgrund der derzeit wirtschaftlich schwierigen Situation sind in vielen Unternehmen angeordnete Sonderurlaube für die Arbeitnehmer, Kurzarbeit und betriebsbedingte Kündigungen an der Tagesordnung. Die täglichen Hiobsbotschaften reißen nicht ab. Es vergeht kaum ein Tag, an welchem nicht in den Medien darüber berichtet wird, dass auch große renommierte Unternehmen Arbeitsplätze abbauen müssen. Auch wenn derzeit noch viele Unternehmen durch Kurzarbeit Entlassungen vermeiden, so ist dennoch im Laufe des Jahres mit einer zunehmenden Anzahl von Kündigungen zu rechnen, da ein Ende der Wirtschaftsflaute nicht in Sicht ist. 

Für die beschäftigten Arbeitnehmer, die von einer Rationalisierung ihres Arbeitsplatzes betroffen sind, bedeutet dies neben dem Verlust des Arbeitsplatzes häufig auch die Angst vor längerer Arbeitslosigkeit, da in vielen Betrieben Einstellungsstopps verhängt sind und damit die Aussicht auf eine baldige neue Beschäftigung nicht besteht. Vor diesem Hintergrund werden voraussichtlich immer mehr Arbeitnehmer eine Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses nicht einfach akzeptieren, sondern gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen und um ihren Arbeitsplatz kämpfen. Welche Erfolgsaussichten hierbei bestehen, hängt von vielen Faktoren ab, in erster Linie von der Frage nach der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes. Der Grund hierfür liegt darin, dass nur dann, wenn das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet, der Arbeitgeber im Streitfall zu einer umfangreichen Begründung seiner Kündigung verpflichtet ist. Seit der ab dem 1.1.2004 geltenden Rechtslage findet das Kündigungsschutzgesetz generell nur dann Anwendung, wenn regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer im Betrieb beschäftigt werden, wobei der von der Kündigung betroffene Mitarbeiter zudem länger als sechs Monate angestellt sein muss. Von dieser Mindestmitarbeiterzahl ist allerdings dann eine Ausnahme zu machen, wenn es sich um einen Mitarbeiter handelt, der bereits vor dem 1.1.2004 in das Unternehmen seines Arbeitgebers eingetreten ist. Dann gilt – mit gewissen Einschränkungen - noch der alte so genannten Schwellenwert von mehr als 5 Arbeitnehmern. 

Findet das Kündigungsschutzgesetz Anwendung sind die Hürden des Arbeitgebers bei einer betriebsbedingten Kündigung hoch. Im Fall eines gerichtlichen Verfahrens hat der Arbeitgeber nämlich zur Begründung der Kündigung zunächst den Zusammenhang zwischen den außer- oder innerbetrieblichen Entwicklungen und den Konsequenzen des daraus abzuleitenden zukünftigen Personalbedarfs ganz genau darzulegen. Pauschale Behauptungen genügen den Arbeitsgerichten dabei nicht. Gelingt dem Arbeitgeber der Nachweis, dass z.B. aufgrund eines Auftragsrückgangs ein konkreter Beschäftigungsbedarf wegfällt und damit ein Personalabbau erforderlich ist, so ist im weiteren neben einer fehlenden anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit des Arbeitnehmers zudem die richtige Sozialauswahl darzulegen. Im Rahmen der vom Arbeitgeber vorzunehmenden Sozialauswahl hat der Arbeitgeber innerhalb eines vergleichbaren Mitarbeiterkreises die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, Unterhaltsverpflichtungen und eine Schwerbehinderung zu berücksichtigen. 

Nicht selten bedingt die Überprüfung der vorgenannten Sozialauswahlkriterien für den Arbeitgeber das Ergebnis, dass die Kündigungsentscheidung an und für sich auf einen Mitarbeiter fallen müsste, von dem sich der Arbeitgeber aber gar nicht trennen möchte. Zwar kann der Arbeitgeber von den Regeln der sozialen Auswahl abweichen, wenn die Weiterbeschäftigung eines Arbeitnehmers wegen seiner besonderen Kenntnisse, Fähigkeiten, Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Unternehmens im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Allerdings muss der Arbeitgeber dies im Streitfall messbar darlegen und beweisen. Die bloße Behauptung des Arbeitgebers, ohne die Anwendung der Ausnahmevorschrift müsse er seinen „besten Mann“ kündigen, genügt hingegen nicht. 

Die Wirtschaftskrise ändert demnach nichts an den hohen Anforderungen, welche die Arbeitsgerichte an die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung stellen. Arbeitgeber sind daher gut beraten, wenn sie im Vorfeld von Entlassungen sorgfältig die Begründung ihrer Kündigung vorbereiten. Aus Arbeitnehmersicht gilt indes, dass man sich nicht voreilig mit pauschalen Hinweisen auf die allgemeine schlechte konjunkturelle Lage zufrieden geben sollte. Will der Arbeitnehmer die ihm gegenüber ausgesprochene Kündigung nicht akzeptieren, muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung beim Arbeitsgericht Klage erheben. Versäumt er diese gesetzlich festgelegte Frist, hat er bis auf wenige Ausnahmen kaum noch Chancen, sich gegen die Kündigung zur Wehr zu setzen oder eine Abfindung zu verhandeln. 

 


Nicole Brauer
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Kasinostraße 5, 64293 Darmstadt
Tel. 06151/30 766-0

sen – oftmals sogar fristlos.

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