Fußballweltmeisterschaft und Arbeitsrecht Gelten während der Fußball-WM andere Regeln?

Veröffentlicht in der Tageszeitung "Darmstäder Echo" am 10.06.2006

Das Fieber steigt - Fußballweltmeisterschaft und Arbeitsrecht

Gelten während der Fußball-WM andere Regeln?

 

Seit gestern hat das Fußballfieber mit dem Beginn der Weltmeisterschaft seinen Höhepunkt nahezu erreicht. Kaum ein Bereich des täglichen Lebens, der nicht von dem Virus betroffen ist, so dass ein Blick auf seine arbeitsrechtlichen Folgen berechtigt erscheint. Bedeutsame Fragestellungen ergeben sich etwa, wenn ein Arbeitnehmer kurzfristig noch Karten zu einem Spiel bekommt oder wie z.B. das Interesse derer, die an der „Werkbank“ bleiben müssen und ein Spiel verfolgen möchten, mit den Belangen des Arbeitgebers in Einklang zu bringen sind.

 

Wenngleich es sich bei der WM zwar um ein herausragendes Ereignis handelt, so bleibt es trotzdem bei dem bekannten Satz, dass Fußball die „schönste Nebensache der Welt ist.“ Für den Arbeitnehmer, der sich ein Spiel vor Ort ansehen möchte, bedeutet dies, dass er sich hierzu Urlaub nehmen muss. Dieser ist zu beantragen und darf erst nach der Gewährung durch den Arbeitgeber angetreten werden. Stehen dem Urlaub berechtigte betriebliche Interessen entgegen, so kann der Arbeitgeber den Urlaub verweigern. Gerade bei sehr kurzfristigen Urlaubswünschen wird dies aus Arbeitgebersicht häufig der Fall sein. Wem dies als Arbeitnehmer nicht passt, sollte sich davor hüten, seinem unbedingten Willen zum Besuch eines Spiels damit Nachdruck zu verleihen, dass er mangels Gewährung des Urlaubs dann eben „krank macht“. Die Arbeitsgerichte kennen in derartigen Fällen kaum ein Pardon, da die angekündigte Erkrankung nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den Grund für eine fristlose Kündigung bilden kann.

 

Arbeitnehmer, die ein Spiel zu Hause verfolgen wollen, jedoch zum fraglichen Zeitpunkt zu einer Schicht eingeteilt sind, haben grundsätzlich nur im Rahmen bestehender betrieblicher Regelungen die Möglichkeit ihre Schicht zu tauschen. Ansonsten besteht Arbeitpflicht. In deren Rahmen steht über allen medialen Möglichkeiten ein Spiel zu verfolgen oder sich auf dem Laufenden zu halten der Grundsatz, dass weder eine Beeinträchtigung der Arbeitsleistung noch von betrieblichen Abläufen erfolgen darf. Hier kommt es auf den Einzelfall an, denn es ist sicher anders zu beurteilen, ob eine Radioübertragung in einem Lagerbereich zu hören ist oder im Beratungsbereich einer Bank. Ein Fernsehgerät am Arbeitsplatz dürfte der Erbringung einer ordnungsgemäßen Arbeitsleistung in der Regel entgegenstehen. In grenzwertigen Fällen sollte im Zweifel die Erlaubnis des Chefs eingeholt werden. Inwieweit ein dienstlicher Internetanschluss zum Verfolgen der Fußballweltmeisterschaft genutzt werden darf, hängt davon ab, ob das private Surfen vom Arbeitgeber erlaubt wurde. Ist dies der Fall, so kann sich der Arbeitnehmer gelegentlich, aber nicht stundenlang, über den Stand der Spiele informieren.

 

Wer nach dem Spiel zu lange gefeiert hat, für den gelten auch während der WM keine anderen Grundsätze, so dass pünktliches Erscheinen am Arbeitsplatz Pflicht ist. Wenn das trotzdem mal nicht klappt, bleibt nur zu hoffen: Deutscher Sieg und verständnisvoller Chef.

 


Nicole Brauer
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Kasinostraße 5, 64293 Darmstadt
Tel. 06151/30 766-0

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