Beleidigung des Arbeitgebers kann den Arbeitsplatz kosten!

Veröffentlicht in der Tageszeitung "Darmstäder Echo" am 10.12.2005

Grobe Beleidigungen des Arbeitgebers oder seiner Repräsentanten kommen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts grundsätzlich als Kündigungsbegründung in Betracht. Jedoch ist nicht jede Äußerung, die der Arbeitgeber als grobe Herabwürdigung seiner Person versteht, juristisch auch als solche zu werten. Dies zeigt etwa eine Entscheidung des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 11. Juli 2005 (Az. 6 Sa 620/04). In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte eine Arbeitnehmerin behauptet, der Geschäftsführer nehme Geld für private Anschaffungen aus der Firmenkasse und sei auch sonst nicht in der Lage den Betrieb zu führen. Der Arbeitgeber hatte hieraufhin das Arbeitsverhältnis gekündigt, wogegen die Arbeitnehmerin klagte. Das Gericht sah in der Äußerung der Arbeitnehmerin aber weder eine Unterstellung strafbarer Handlungen noch eine Störung des Betriebsfriedens und entschied zugunsten der Arbeitnehmerin.

Sachlich begründete Kritik muss der Arbeitgeber durchaus hinnehmen, weil dem Arbeitnehmer insofern sein Grundrecht auf freie Meinungsäußerung zur Seite steht. Dieses Grundrecht gibt dem Arbeitnehmer zwar das Recht zur Kritik des Arbeitgebers, jedoch lässt sich damit nicht jede Äußerung rechtfertigen, wie ein anderer Fall, über den das Bundesarbeitsgericht zu entscheiden hatte, zeigt. Dabei hatte der Arbeitnehmer einer Kommune einen Beigeordneten in einer Personalversammlung unter Anwesenheit Betriebsfremder der Rechtsbeugung, d. h. der Verwirklichung eines Straftatbestandes bezichtigt, obwohl der Vorwurf erkennbar unbegründet war. Überzogene Kritik kann nach dieser Entscheidung eine erhebliche und damit kündigungsrelevante Pflichtverletzung darstellen. Dies umso mehr, wenn mit der Äußerung des Arbeitnehmers die Gefahr einer Rufschädigung des Arbeitgebers in der Öffentlichkeit einhergeht. Je unbegründeter, unsachlicher oder ehrverletzender die Kritik ist, desto höher ist das Interesse des Arbeitgebers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses einzustufen.

Die Betrachtung einzelner Entscheidungen der Arbeitsgerichte zeigt allerdings, dass sich die pauschale Beantwortung nach der Zulässigkeit einer Kündigung nicht allein anhand des Wortlauts einer Beleidigung vornehmen lässt. Nicht jede derbe, in der Verärgerung gemachte Äußerung ist eine Beleidigung, vielmehr sind jeweils die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, wozu auch der Bildungsgrad des Beleidigenden und dessen psychische Situation gehört. Ebenso ist der branchenübliche Ton zu berücksichtigen. So geht es auf dem Bau verbal regelmäßig härter zur Sache als beispielsweise in einer Bank. „Hau ab und verpiss Dich!“ genügten z.B. dem Arbeitsgericht Frankfurt nicht im Verhältnis einer türkischen Reinigungskraft zu ihrem Vorgesetzten. Angesichts des üblicherweise gröberen Umgangstons der Reinigungsbrache wäre eine Abmahnung nach Ansicht des Gerichtes ausreichend gewesen. Auf eine solche milde Beurteilung sollte sich allerdings ein Bankangestellter nicht verlassen.

 


Nicole Brauer
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Kasinostraße 5, 64293 Darmstadt
Tel. 06151/30 766-0

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