Anfechtung eines Arbeitsvertrages wegen gefälschter Zeugnisnoten auch nach Jahren noch möglich!

Veröffentlicht in der Tageszeitung "Darmstäder Echo" am 12.05.2007

Anfechtung eines Arbeitsvertrages wegen gefälschter Zeugnisnoten auch nach Jahren noch möglich!

Ein gutes Arbeitszeugnis ist zwar heutzutage nicht die alleinige Entscheidungsgrundlage eines Arbeitgebers bei der Neubesetzung einer Arbeitsstelle, dennoch wird das Zeugnis regelmäßig mit ausschlaggebend dafür sein, ob ein Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wird. Das Arbeitszeugnis stellt sozusagen die Visitenkarte des Arbeitnehmers dar. Aus diesem Grund und nicht zuletzt auch im Hinblick auf die immer noch angespannte Arbeitsmarktsituation mehren sich in den vergangenen Jahren die Zeugnisstreitigkeiten vor den Arbeitsgerichten. Um einer langwierigen gerichtlichen Streitigkeit wegen einer Zeugniskorrektur aus dem Weg zu gehen, verfällt der ein oder andere Arbeitnehmer schon mal der Versuchung, das Arbeitszeugnis bzw. sonstige Aus- oder Fortbildungszeugnisse seinerseits etwas zu „verschönern“. Doch davon ist dringend abzuraten, wie der Fall eines Arbeitnehmers zeigt, den das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg im vergangenen Jahr zu entscheiden hatte.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall war ein Arbeitnehmer, der offensichtlich mit seinen Noten unzufrieden war, auf die Idee verfallen, etwas nachzuhelfen und sein Zeugnis für eine Bewerbung zu fälschen. Er bekam den freien Arbeitsplatz und wurde eingestellt. Allerdings hat ihn die Manipulation acht Jahre später seinen Arbeitsplatz gekostet. Sowohl das Arbeitsgericht als auch das in der Berufungsinstanz zuständige Landesarbeitsgericht gaben dem Arbeitgeber Recht, der das Arbeitsverhältnis wegen arglistiger Täuschung angefochten hatte. Ende des Jahres 2005 fielen dem Arbeitgeber nämlich im Rahmen einer Überprüfung der Personalunterlagen Unstimmigkeiten in den Dokumenten des betreffenden Arbeitnehmers auf. Eine Nachfrage bei der IHK hinsichtlich der dort gespeicherten Daten brachte die wahren Ausbildungsnoten ans Tageslicht. In einer Anhörung gab der Arbeitnehmer dann auch sofort die Fälschung zu. Daraufhin focht der Arbeitgeber das Arbeitverhältnis an und erklärte hilfsweise die Kündigung. Dies gleichwohl er nie Beanstandungen an der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers hatte.  

Die Gerichte sahen die Anfechtung des Arbeitsvertrages wegen arglistiger Täuschung als rechtens an, auch nach dieser langen Zeit. Der Arbeitnehmer habe bewusst mit dem gefälschten Zeugnis dem Arbeitgeber wesentlich bessere theoretische und praktische Berufskenntnisse wahrheitswidrig vorgespiegelt und wollte mit dieser Täuschung die Einstellungsentscheidung des Arbeitgebers beeinflussen. Dies sei ihm auch gelungen, da es bei dem Arbeitgeber aufgrund der regelmäßig zahlreich eintreffenden Bewerbungen gängige Praxis war, bereits im Vorfeld nach Noten auszusortieren. Damit war die Täuschung schon für die Entscheidung des Arbeitgebers, ob der Arbeitnehmer überhaupt zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wird, von Bedeutung. Das Landesarbeitsgericht verwies in seiner Entscheidung darauf, dass der Arbeitgeber ein schützenswertes Interesse daran habe, dass die im Rahmen der Bewerbung vorgelegten Zeugnisse die Qualifikation des Bewerbers wahrheitsgemäß wiedergeben. Nur dies ermögliche einen fairen Vergleich der Bewerber untereinander. Ferner machte das Landesarbeitsgericht deutlich, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass auch Außenstehende erfahren, dass der Arbeitgeber Mitarbeiter beschäftigt, die sich ihre Einstellung durch die Vorlage von gefälschten Zeugnissen erschlichen haben. Dies könne zu einer negativen Außendarstellung des Unternehmens führen, im übrigen sei auch das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer durch die Täuschung nachhaltig beeinträchtigt.

Auch der Einwand des Klägers, dass er bislang ohne Beanstandungen seine Arbeit verrichtet habe, sahen die Richter nicht als Rechtfertigung für sein Handeln.

Beachten sollte man in diesem Zusammenhang zudem, dass der Arbeitgeber je nach den Umständen des konkreten Falles sogar einen Schadensersatzanspruch gegen den Arbeitnehmer haben kann. So jedenfalls entschied das Landesarbeitsgericht Köln in einem anderen Fall. Dort hatte der Arbeitnehmer sich ebenfalls mit gefälschten Zeugnissen auf die ausgeschriebene Stelle eines Computerspezialisten beworben, allerdings fälschte er nicht wie im obigen Fall seine Notenstufen, sondern erstellte ein Zeugnis, das ihm Erfahrungen im Computerbereich bescheinigte, die er tatsächlich aber nicht hatte. Mit erheblichen Täuschungen, wie z.B. das Vorspiegeln von vorhandenen Kenntnissen und Qualifikationen, muss sich der Arbeitgeber aber nicht abfinden. Arbeitnehmer sollten daher von solchen Vorgehensweisen tunlichst absehen, da die Folgen empfindlich sein können.

Auch hier gilt das alte Sprichwort: „Ehrlich währt am längsten“.

 


Nicole Brauer
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Kasinostraße 5, 64293 Darmstadt
Tel. 06151/30 766-0

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